Ein persönlicher Text über Leistungsdruck, das stille Weiterfunktionieren – und was passiert, wenn plötzlich gar nichts mehr geht.
- connecbassier
- 4. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 8. Nov.

Dieser Text ist keine reine Geschichte über mich.
Es ist ein Bild – zusammengesetzt aus vielen Erfahrungen. So wie es in unserer Leistungsgesellschaft hunderttausendfach vorkommt.
Von Menschen, die tragen, funktionieren, sich zerreißen – und nie zeigen, wie müde sie sind.
Ich selbst habe das erlebt.
Und irgendwann hat mein Körper gestoppt.
Hier schreibe ich über diesen Punkt – und über das, was danach kommt.
Wenn alles zu viel wird – und du es trotzdem noch schaffst…
Kinder, Familie, Verwandte, Freunde. Hier zuhören. Dort helfen. Da noch schnell etwas organisieren. Sich zerreißen, um für alle da zu sein –und sich dabei selbst Stück für Stück verlieren.
Nur um irgendwann festzustellen: Es ist nie genug. Man rennt ständig hinterher, wird nie fertig –und hat das Gefühl, man kommt einfach nicht an.
Und dann der Beruf: To-do-Listen, Termine, Verantwortung, Überstunden. Bei mir war diese Verantwortung als Zimmerermeister und Projektleiter oft existenziell.
Nicht nur, dass man Bauteile falsch zuschneiden, Planungen übersehen oder das falsche Material bestellen konnte –im schlimmsten Fall ging es um Leib und Leben.
Ein Moment der Unachtsamkeit, eine kleine Konzentrationsschwäche –und es hätte böse enden können. Für mich. Für andere.
Wenn man ohnehin schon am Limit läuft, funktioniert man irgendwie weiter. Wie ein Jongleur mit zu vielen Bällen in der Luft. Und ja – man bekommt es hin. Irgendwie.
Bis etwas Unerwartetes dazukommt.
Ein Streit in der Partnerschaft. Ein unglückliches Verlieben. Eine Trennung. Eine Krankheit im Umfeld. Eine Hiobsbotschaft - vielleicht mit Folgen.
Und plötzlich ist Schluss mit Jonglieren. Plötzlich bist du drüber. Über deinem Limit.
Doch wo ist diese Grenze eigentlich? Wie weit kann man gehen? Wie viele Belastungen kann man schultern, bis es zu viel ist? Wer sagt uns das?
Wir haben keinen inneren Tacho. Kein Warnlicht wie ein Auto, das zeigt, wie leer der Tank ist –oder wie nah wir am roten Bereich laufen.
Zwar spüren wir erste Warnzeichen: Ein Ziehen. Gereiztheit. Schlechter Schlaf. Müdigkeit, Unruhe, diffuse Ängste. Aber wir laufen weiter.
Weil wir glauben, wir müssen. Weil wir denken, wir haben keine Wahl.
Und wenn dann der Gedanke kommt: „Was, wenn ich einfach nicht mehr kann?“… dann kommt die Angst.
Was passiert dann? Was denken die anderen? Was sagt mein Chef? Wie erkläre ich das meiner Familie?
Und so reißen wir uns weiter zusammen. Noch eine Woche. Noch ein Projekt. Noch ein Monat. Längst über dem Limit.
Bis es uns raushaut. Plötzlich. Heftig. Unerwartet.
Starke Schmerzen. Körperliche Symptome. Psychische Einbrüche. Panik. Angst. Erschöpfung. Lähmung.
Dann beginnt die Zwickmühle: Die Angst, es sich und anderen einzugestehen – gegen die Angst vor dem, was im Körper und in der Seele passiert.
So war es auch bei mir. Fünf Jahre hielt ich nach einem Einschnitt in meinem Leben weiter durch – bis der endgültige Knall kam. Mitten im Leben. Mitten auf der Arbeit - mitten am Tag.
Manche versuchen es noch mit „Mittelchen“, mit Schmerztabletten, Schlaftabletten oder bloßem Durchhalten. Doch irgendwann ist Schluss. Dann geht wirklich nichts mehr.
Willkommen in der Lebenskrise.
Und das Schlimmste daran? Kaum jemand der "Normalen" versteht, wie sich das anfühlt. So glaubt man. Man ist allein.
Und genau dort, an dieser Schwelle, kann es unglaublich entlastend sein, jemanden an der Seite zu haben, der nicht bewertet, nicht wegläuft, nichts von dir will –aber einfach da ist.
Jemand, der still mit dir wird. Der zuhört, wenn du sprechen willst. Der mit dir hinschaut – dahin, wo du allein nicht hinsiehst. Der dich daran erinnert, dass du Mensch bist – nicht Maschine. Dass du fühlen darfst. Dass du nichts beweisen musst.
Und dass dein Weg weitergehen darf. Aber vielleicht anders. Mit neuen Optionen. Mit anderen Möglichkeiten. Mit Perspektiven, die du in deinem Tunnel nicht mehr sehen kannst.
Vielleicht braucht es dafür erstmal eine klare Pause. Eine Neuorientierung:
„Wo stehe ich eigentlich wirklich?“
Und wenn diese innere Bremse angenommen wird, wenn dieser Stillstand nicht länger beängstigt, dann kann er sogar wohltuend werden. Endlich - ich darf nach Jahren eine Pause haben.
Dann wird es vielleicht:
Langsamer. Menschlicher. Vielleicht sogar: Heilsam.



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